Es ist Zeit für einen neuen Führungsstil! Positive Leadership! Agile Leadership! Transformational muss Führung sowieso sein! Die Führungskräfte müssen authentisch sein. Und mutig. Und …

So oder so ähnlich schallt es mir an vielen Stellen entgegen. Ich finde: Das führt in die Irre. Ich halte die Diskussion über den Führungsstil nicht für hilfreich, an manchen Stellen sogar für gefährlich. Hier ein paar Gründe dafür:

Der Fokus auf den Führungsstil verstärkt den Heldenmythos rund um Führung und Führungskräfte und weckt unrealistische und unpraktische Erwartungen. Das überfordert und ist ungesund. Sowohl für die Menschen als auch für die Organisationen, in denen sie tätig sind. 

Die andere Seite der Medaille ist, dass die Diskussion über den Führungsstil Probleme personifiziert und zur Suche nach schuldigen Führungskräften führt. Egal ob das dann vom Top-Management ausgeht oder von den MitarbeiterInnen. Beides verhindert wirkliche Problemlösung.

Die populäre Auseinandersetzung mit dem Führungsstil unterstellt sehr oft eine Kausalität zwischen einem bestimmten Führungsverhalten und dessen Auswirkungen. Nach dem Motto „Wenn Du dich so verhältst, dann wird dieses oder jenes passieren“. Das hält weder einer theoretischen noch einer praktischen Überprüfung stand. Diese Kausalität gibt es so einfach nicht.

Der Fokus auf den Führungsstil ignoriert nämlich den großen Einfluss des Kontextes auf Führung und ihre Wirkungen. Das gilt in der Regel auch für die zahlreichen Experimente und Untersuchungen, mit denen die Vor- oder Nachteile eines Führungsstils belegt werden sollen. Auch die finden oft ohne Berücksichtigung des jeweiligen Kontextes statt.

Der Blick auf den Führungsstil beruht außerdem auf der Annahme, dass Führung durch Führungskräfte gemacht wird. Führung ist aber etwas, das entsteht, und zwar im Raum zwischen Menschen, in ihrer Interaktion. 

Die verordnete Veränderung des Verhaltens von Führungskräften – und das verbirgt sich oft hinter dem Appell „Ihr müsst Euren Führungsstil ändern!“ – führt maximal zur Anpassung innerhalb der bestehenden Logiken. Für eine wirkliche Veränderung ist die Arbeit am System der Organisation, also an den personenunabhängigen Rahmenbedingungen, Beziehungsstrukturen und Kommunikationsmustern, aber wesentlich effektiver.